Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?
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Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?
Der Gesetzgeber räumt den Verantwortlichen einen breiten Spielraum zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes ein. Wie die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist, ist im Gesetz nicht detailliert festgeschrieben, es werden nur Grundsätze benannt. Das bedeutet, dass es keinen "richtigen" Weg für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung gibt. Je nach örtlichen Gegebenheiten sind verschiedene Vorgehensweisen möglich.
Warum mache ich eine Gefährdungsbeurteilung?
Um die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu erhalten und Dritte nicht zu gefährden, sind Sie als Arbeitgeber gemäß Arbeitsschutzgesetz und der DGUV Vorschrift 1 verpflichtet, die Arbeitsbedingungen in Ihrem Unternehmen unter Arbeitssicherheitsgesichtspunkten zu beurteilen und erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das wichtigste Instrument zur Umsetzung dieser Verpflichtung ist die Gefährdungsbeurteilung.
Meine Verantwortung als Arbeitgeber
Arbeitsschutz ist Chefsache. Sie können die Gefährdungsbeurteilung selbst durchführen oder zuverlässige und fachkundige Personen damit beauftragen. Die Beauftragung muss genau beschreiben, welche Aufgaben übertragen werden. Sie muss schriftlich erfolgen und die Verantwortungsbereiche und die Befugnisse im Rahmen Ihrer Unternehmensorganisation konkret definieren.
Doch unabhängig davon, wer die Gefährdungsbeurteilung durchführt, die rechtliche Gesamtverantwortung verbleibt in jedem Fall bei Ihnen, dem Arbeitgeber. Nehmen Sie daher Ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten für die ordnungsgemäße Durchführung der Gefährdungsbeurteilung wahr. Überzeugen Sie sich in regelmäßigen Abständen davon, ob und wie die Beauftragten ihrer Verantwortung nachkommen. Vernachlässigen Sie Ihre Kontrollpflichten, so verhalten Sie sich im Sinne des § 823 BGB widerrechtlich, da Ihnen ein "Organisationsverschulden" unterstellt werden kann. In diesem Fall haben Geschädigte einen Anspruch auf Schadensersatz.
Sicher ist Arbeitsschutz erst einmal mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Sie werden viele Gründe dafür aufführen, eine Gefährdungsbeurteilung in Ihrem Unternehmen zu unterlassen oder zu vertagen. Ganz vorn steht sicher das Argument der damit verbunden Kosten.
Doch der Aufwand lohnt sich, denn im Verhältnis zum Nutzen ist er gering!
Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Argumente, die dazu beitragen sollen, Sie zum Umdenken zu bewegen und Arbeitsschutz nicht nur als "lästiges Anhängsel" oder als ein "bürokratisches Muss" zu sehen, sondern als nützliches Instrument zur Risikominderung in Ihrem Unternehmen.
Schutz der Mitarbeiter vor gesundheitlichen Gefährdungen
Mit Arbeitsplätzen, die sicher und ergonomisch eingerichtet sind, lassen sich Risiken für Ihre Mitarbeiter vermeiden oder reduzieren. Damit werden Sie den wichtigsten Arbeitsschutzzielen, dem Erhalt des Lebens, der Gesundheit und des Wohlbefindens Ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz gerecht. Sie verhindern persönliches Leid und hohe Soziallasten.
Der betriebswirtschaftliche Nutzen für Ihr Unternehmen
"Die Verhütung von Unfällen ist nicht eine Frage gesetzlicher Vorschriften, sondern unternehmerischer Verantwortung und zudem ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft."
Werner von Siemens,1880
Ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit kann angesichts eines immer geringer werdenden Angebots an qualifizierten und motivierten Fachkräften - gerade für Klein- und Mittelbetriebe - schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben.
Die daraus resultierenden Aufwendungen für das Aufrechterhalten eines reibungslosen Betriebsablaufs kosten Ihr Unternehmen in der Regel mehr als sinnvolle Vorkehrungen zum Arbeitsschutz, wie die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung, gekostet hätten. Das sind zum einen Lohnkosten für verletzte Mitarbeiter (Arbeitslohn plus gesetzliche, tarifliche und freiwillige Zusatzleistungen).
Weitere Kosten können unter anderem anfallen für Sachkosten, Maschinenausfallzeiten und Produktionsstillstand oder Versicherungskosten. Neben persönlichem Leid können auch Folgekosten durch höhere Versicherungsprämien und schlimmstenfalls sogar Strafverfahren verursacht werden.
Hinweis: Mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 16,7 Tagen je Arbeitnehmer/-in ergeben sich im Jahr 2017 insgesamt 668,6 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Ausgehend von diesem Arbeitsunfähigkeitsvolumen schätzt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin die volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle auf insgesamt 76 Milliarden Euro bzw. den Ausfall an Bruttowertschöpfung auf 136 Milliarden Euro.
Quelle: Volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit 2017
Erhöhte Wettbewerbsfähigkeit durch motivierte Mitarbeiter
Arbeitsschutz sollte nicht als "Alibiaktion" in Ihren Unternehmen praktiziert werden. Sie sollten dafür sorgen, dass Ihre Beschäftigten wissen, wie wichtig Ihnen selbst dieses Thema ist. Denn Mitarbeiter, die sich an ihrem Arbeitsplatz sicher fühlen, sind auch leistungsfähiger und motivierter. Sie werden nicht durch eine unsichere Arbeitsumgebung in ihrer Arbeit behindert oder gefährdet. Sie können Fehler vermeiden, sich auf das Wesentliche konzentrieren, besser und effizienter arbeiten.
Motivierte und gesunde Mitarbeiter tragen dazu bei, die Arbeitsabläufe in Ihrem Unternehmen dauerhaft stabil zu halten. Mit "gelebtem" Arbeitsschutz fördern Sie daher nicht nur die Gesundheit und Motivation Ihrer Mitarbeiter, sondern verbessern auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens.
Rechtssicherheit für Arbeitgeber
Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation sind rechtsverbindlich vorgeschrieben. Mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind Sie in der Lage, die für den Arbeitsschutz notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und verlässlich zu dokumentieren. Mit der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung kommen Sie der gesetzlichen Forderung gemäß Arbeitsschutzgesetz nach und können jederzeit die Ergebnisse der durch Sie festgelegten Maßnahmen für Überprüfungen durch die zuständigen Behörden vorweisen. Im Schadensfall können Sie belegen, welche Arbeitsschutzmaßnahmen für Ihre Mitarbeiter festgelegt wurden.
Hinweis: Pflichtverletzungen bleiben nicht folgenlos. Bei Verdacht auf grob fahrlässiges Verhalten des Unternehmers können beispielsweise auch Folgekosten für Rechtsanwalt, Gericht, Entschädigungen und Bußgeld anfallen. Entsprechende Bußgeld- und Strafvorschriften sind im Arbeitsschutzgesetz in § 25 und § 26 geregelt.
Rechtssicherheit für Arbeitnehmer
Nicht nur für den Arbeitgeber ist die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung von Bedeutung. Auch Arbeitnehmer können von der Durchführungspflicht profitieren. Insbesondere in Streitfällen kann die Gefährdungsbeurteilung als Nachweis über Gefährdungen an ihrem Arbeitsplatz eingesetzt werden. Im Fall der Fälle kann dieser Nachweis ausschlaggebend sein für den Anspruch auf Versicherungsleistungen zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer beziehungsweise für die Entschädigung von Hinterbliebenen. Dieser Aspekt sollte jeden Arbeitnehmer motivieren, aktiv an der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung mitzuwirken und die aus der Beurteilung abgeleiteten Maßnahmen einzuhalten. Ihm sollte bewusst sein, dass es in erster Linie um seine Sicherheit, um seine Gesundheit und sein Recht geht.
Quellenangabe:
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Friedrich-Henkel-Weg 1-25
D-44149 Dortmund
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